Meister im Schwindeln

Meister im Schwindeln
Huch, die Nase wächst! (Bild: dpa)

Hast du schon mal Ärger bekommen, weil du gelogen hast? Wir stellen euch vier Figuren aus Literatur und Fernsehen vor, die lügen, was das Zeug hält – und die gerade deswegen so bekannt sind. Das sind die vier Flunker-Meister:

Seebär spinnt erstklassiges Garn: Käpt’n Blaubär

Käpt'n Blaubär und Hein Blöd (Bild: dpa)

Käpt’n Blaubär und Hein Blöd (Bild: dpa)

Er besucht Orte wie die Kohldampfinseln, schippert mit seinem Kutter über den Redefluss oder surft auf einer Welle bis zur Milchstraße: Käpt’n Blaubär erzählt Lügengeschichten wie kein Zweiter. Für seine drei Enkel packt er jeden Abend ein unglaubliches Erlebnis aus seinem Leben aus. Seemannsgarn – so nennt man die übertriebenen Geschichten von Seefahrern, die sie sich früher beim Binden von Tauen erzählten.

Käpt’n Blaubär aber macht aus einem Fisch nicht nur einen Wal – er erfindet die Weltgeschichte neu: Das Meerwasser ist  salzig, seit Hein Blöd, der vertrottelte Schiffskoch, es versalzen hat. Wellen werden von Zwergen unter der Erde mit einer Wellenmaschine produziert. Und Blaubärs Onkel Eisbär hat bei einer Reise in die Sahara das Speiseeis erfunden. Alles frei erfunden – das wissen auch Blaubärs kluge Enkel. Trotzdem bekommen die kleinen Bärchen nicht genug von Opas Schwindeleien.

Schlauer Schelm: Till Eulenspiegel

Till Eulenspiegel (Bild: Verleih)

Till Eulenspiegel (Bild: Verleih)

Eigentlich lügt Till Eulenspiegel nicht – er nimmt nur jedes Wort seiner Mitmenschen wörtlich. Damit zeigt er, dass er klüger ist als sie – und bringt sie oft zum Verzweifeln. Das gilt besonders für die Bäcker, Schneider und Schuhmacher, bei denen er arbeitet. Deswegen wird Till auch immer sehr schnell gefeuert: Wer statt einer Bauernjacke, die damals auch Wolf genannt wurde, tatsächlich einen Wolf mit Ohren, Maul und Pranken näht, der ist als Schneiderlehrling nicht sehr erfolgreich.

Dafür ist Till umso erfolgreicher in der Literatur: Es gibt viele Eulenspiegel-Geschichten von verschiedenen Autoren, die meisten stammen aus dem 15. Jahrhundert. Eine der bekanntesten erzählt, wie Till einem Esel das Lesen beibringen soll: Er legt Futter zwischen die Buchseiten, so dass der Esel die Seiten umblättert. Als der dabei „I-aa“ ruft, verkündet Till: Die ersten beiden Buchstaben habe das Tier ja schon gelernt – die restlichen 24 würden bald folgen.

Verräterische Nase: Pinocchio

Huch, die Nase wächst! (Bild: dpa)

Huch, die Nase wächst! (Bild: dpa)

Ziemlich gemein, was dem kleinen Pinocchio passiert, sobald er lügt: Seine hölzerne Nase wächst bei jeder Flunkerei ein Stückchen – und hört gar nicht mehr auf damit, bis er das Lügen stoppt. Wenn er der guten Fee zum Beispiel erzählt, dass er die vier Goldstücke, die er gefunden hat, schon wieder verloren, ach nein!, aus Versehen verschluckt habe, wächst seine Nase bis zur gegenüberliegenden Wand. Da gibt es kein Entkommen mehr – jeder drumherum weiß, dass er nicht die Wahrheit gesagt hat.

Der italienische Kinderbuch-Autor Carlo Collodi hat sich die Geschichte um die lebendige Marionette schon im 19. Jahrhundert ausgedacht – und schenkt ihr ein glückliches Ende: Nachdem Pinocchio die Welt bereist hat und dadurch klüger und liebevoller geworden ist, verwandelt sich die Holzpuppe in einen richtigen Jungen, ganz ohne wachsende Nase. Forscher haben übrigens herausgefunden, dass ein wenig Wahrheit in dem Sprichwort steckt, dass man „vom Lügen eine lange Nase bekommt“: Wer lügt, ist oft nervös – und fasst sich besonders häufig an die Nasenspitze.

Der Lügenbaron, der eine Kanonenkugel reitet

So reitet Baron Münchhausen in einem Film auf der Kanonenkugel. (Bild: dpa)

So reitet Baron Münchhausen in einem Film auf der Kanonenkugel. (Bild: dpa)

Er ist der vielleicht berühmteste Lügner der Geschichte.  Den „Lügenbaron“ Münchhausen gab es im Gegensatz zu Käpt’n Blaubär und Pinocchio aber tatsächlich: Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen wurde 1720 geboren. Als Offizier in der Armee reiste er viel. Von seinen Reisen ließ er sich inspirieren und erfand viele ausgefallene Abenteuer, die in einem Magazin abgedruckt wurden.

Die Münchhausen-Geschichten waren bei den Lesern aber so beliebt, dass auch nach seinem Tod viele andere Autoren weiter an der Legende schrieben. Seither gibt es jede Menge fantastische Erzählungen um den Lügenbaron: In der bekanntesten reitet er auf einer Kanonenkugel durch die Luft, um ein feindliches Lager auszuspähen.

In einer anderen Geschichte bindet er sein Pferd bei Dunkelheit und Schnee aus Versehen an der Spitze eines Kirchturms fest – als das Eis am nächsten Morgen schmilzt, baumelt sein Pferd in der Luft. Mit einem Schuss aus seiner Pistole durchschneidet er das Halfter des Pferdes, das plumpst unverletzt auf den Boden – und Münchhausen reist weiter. Natürlich zur nächsten unerhörten Geschichte: Er schießt einem Hirsch Kirschkerne auf den Kopf – wenig später wächst dem Tier ein Baum auf dem Geweih. Einfach unglaublich!

Von Annika Leister